Wow, ich hätte nie gedacht, dass ich mal so viele Zuschauer bei einem Schach-Bundesligaspiel erleben würde! Zugegeben, es war nicht irgendein Bundesligakampf sondern es handelte sich um die zentrale Endrunde der 1.BL mit 16 anwesenden Mannschaften. Hochkarätige Besetzung war also garantiert. Und wann hat man schon mal die Gelegenheit, so viele Spitzenspieler auf einmal anzutreffen? Auch die Location war einem solchen Event angemessen: Das Schwetzinger Schloss gehört zu den größten Sehenswürdigkeiten der Region und lockt auch ohne Schachveranstaltung zahlreiche Besucher an. Etwas ungünstig war allerdings, dass man auch Eintritt für den Schlosspark zahlen musste, um zu dem Schachevent zu gelangen. Der Eintrittspreis für den Spielsaal war mit 2 Euro dafür aber sehr fair.
Der Spielsaal war eigentlich recht geräumig, aber aufgrund der hohen Zuschauerzahlen dann doch etwas kuschelig. Besonders in dem Bereich, in dem der vorzeitige Deutsche Meister Baden Baden spielte, musste man sich regelrecht durch die Menschenmassen boxen, was nicht immer ganz geräuschfrei gelang. Die Paarungen waren so angeordnet, dass man die meisten Bretter sehr gut sehen konnte (vorausgesetzt, dass man es in die erste Reihe der Zuschauenden geschafft hatte). Schachlich habe ich trotzdem nicht sooo viel mitbekommen. Ich war viel zu sehr damit beschäftigt, Fotos zu machen, mit Bekannten zu schwatzen und die Atmosphäre zu genießen. Es ist auch unglaublich interessant zu beobachten, wie die Spieler so vor dem Brett sitzen. Mir wird oft gesagt, dass man mir sehr gut ansehen kann, ob ich gut oder schlecht stehe. Ich glaube das stimmt. Ich war bisher aber eigentlich der Meinung, dass dies bei richtigen Profis nicht mehr so offensichtlich sei. Nunja, ich glaube meine Bilder beweisen das Gegenteil :-).
Fasziniert haben mich an dem Samstag insbesondere drei Partien: Howell – Buhmann, Giri – Prusikin und Svidler – Harikrishna. Hier ein paar Auszüge:
Stellung nach 23...Tg6 (Diagramm 1)
24.Dxg6 Kxg6 25.Sxd6 Ld5 26.Te7 Dxd6 27.Txg7+ Kh5 28.Te3 Lxg2 29.Txg2 Kh4 30.Le5 Dc6 31.Tgg3 f4 32.Te4 Tf8 33.Lxf4 Kh5 34.f3 Dd7 35.Le3 Tf5 36.Kf2 Dxd3
37. Te6 1-0 (Diagramm 2)
20...Sxh4+? Stattdessen gewinnt 20...Se5! 21.Txh4 Lxd1 22.Txd1g5 23.Se4 (Diagramm 2)
23...gxh4 24.Lxf6+ Kh7 25.Th1 Txe4 26.Lxe4+ Kg8 27.Ld5+ Kh7 28.Sxh5 Kg6 29.Le4+ Kf7 30.Txh4 c6 31.Tf4 Kg8
32.Lf5 1-0 (Diagramm 3)
12...Sxa2!? führt zu einem interessanten Damenopfer. 13.Ta1 Sxc3 14.Txa5 Se4 15.Dc2 Lb4+ 16.Kd1 Lxa5 17.Ld3 (Diagramm 2)
17....Sxf2+ 18.Dxf2 Lxd3 ...
30.Txd6 Txd6 31.Dc8 Td8 32.Dxb7 ...
Stellung nach 56. Se6 +- (Diagramm 4)
... 1-0
Die Partien wurden wie immer kompetent und unterhaltsam von GM Klaus Bischoff im Nebenraum analysiert und kommentiert. Auch hier waren erstaunlich viele Zuhörer anwesend:
Doch nicht nur hinter den Brettern, sondern auch im Publikum habe ich viele bekannte Gesichter gesehen. Von dem DSB und der DSJ waren zum Beispiel einige namenhafte Vertreter anwesend: Präsident Herbert Bastian, Vizepräsident Finanzen Michael Langer, Vizepräsident Sport Joachim Gries, der erste Vorsitzende der DSJ Prof. Dr. Christian Warneke, Sportdirektor Horst Metzing, Bundestrainer Uwe Bönsch, Geschäftsführer der DSJ Jörg Schulz sowie Bundesnachwuchstrainer Bernd Vökler.
Mein Fazit: Rundum eine gelungene Veranstaltung. Trotzdem bin ich mit einem weinenden Auge nach Hause gefahren: Im Frauenschach habe ich solch ein Interesse der Öffentlichkeit noch nicht erlebt. Allerdings sind auch in der Frauenbundesliga einige positive Entwicklungen Richtung Öffentlichkeitsarbeit zu beobachten und die Hoffnung stirbt aber bekanntlich zuletzt!
Zum Schluss noch ein paar Impressionen aus dem Spielsaal: