Die politischen Beziehungen zwischen Griechenland und Deutschland sind bekanntlich seit einiger Zeit etwas angespannt. Dies hinderte meinen griechischen Verein ΣΟ ΠΑΤΡΩΝ jedoch glücklicherweise nicht daran, meinen Freund und mich auch dieses Jahr wieder als Verstärkung für das Team in der höchsten griechischen Liga einzuladen. Ich war nach 2005, 2006 und 2012 bereits das vierte Mal dabei und habe jede Veranstaltung bisher in sehr guter Erinnerung behalten.
Die griechische Liga unterscheidet sich in mehreren Punkten von der deutschen. Zunächst einmal werden alle Spiele in einem Zeitraum von weniger als einer Woche ausgetragen. Es gibt insgesamt nur sieben Spiele, allerdings 34 teilnehmende Mannschaften – es wird also nach dem Schweizer System gespielt. Die größte Besonderheit aber ist, dass jede Mannschaft aus zehn Spielern besteht. Dabei ist die Brettverteilung festgelegt: Die ersten vier Bretter sind „Männerbretter“ (wobei hier wie allgemein üblich auch Frauen zum Einsatz kommen können), dann gibt es ein Frauenbrett, sowie ein u18w- und ein u16w-Brett. An den Brettern 7-10 messen sich dann Jungs unter 18, unter 16 und unter 14 miteinander. Mir gefällt dieses System ganz gut, da somit nur ein Verein gewinnen kann, der auch gute Jugendarbeit leistet und bei beiden Geschlechtern erfolgreich ist.
Wie in Deutschland werden auch ausländische Spieler eingesetzt (sonst hätten Niko und ich ja auch gar nicht spielen dürfen), was das schachliche Niveau noch ein ganzes Stück anhebt. Letztes Jahr haben unter anderem GM Judit Polgar (2696), GM Fabiano Caruana (2796) und GM Gata Kamsky (2763) mitgespielt. Dieses Jahr waren immerhin GM David Navara (2707), GM Dmitry Jakovenko (2713), GM Richard Rapport (2674) sowie über 20 weitere Großmeister mit am Start. Die Frauenbretter sind meist nicht ganz so stark besetzt. Wenn man Glück hat, kann man aber auf Spielerinnen wie GM Monika Socko (2458), IM Elisabeth Pähtz (2449) oder WGM Jolanta Zawadzka (2391) treffen.
Neben dem Schachlichen ist jedoch vor allem auch das Drumherum besonders attraktiv. Der Austragungsort – das Porto Rio Hotel – befindet sich direkt am Meer und unmittelbar an der berühmten Rio-Andirrio-Brücke. Für mich stellt die griechische Liga immer eine Art Schachurlaub dar. Trotzdem bin ich hinterher – obwohl es nur sieben Runden und davon nur eine Doppelrunde sind – immer fix und fertig, weil eben auch die Sonne und das ständige Am-Strand-Herumtoben ganz schön schlauchen können. Für einen Schach und Sonne liebenden Menschen wie mich jedoch einfach perfekt!
Ebenfalls perfekt ist unser Team. Die Leute sind super nett und wir werden jedes Mal total herzlich empfangen. Die jüngeren Teammitglieder können zwar noch nicht so gut Englisch, aber mit Händen
und Füßen verständigt man sich schon irgendwie. Und jeder fiebert mit den anderen bis zum Ende mit und freut sich über jeden halben Punkt.
Ich glaube dieses Mannschaftsgefühl hat auch zu unserem großen Erfolg dieses Jahr beigetragen. An 17 gesetzt war unser primäres Ziel nicht abzusteigen. Am Ende waren wir über unseren siebten
Platz sogar etwas enttäuscht… Das lag wohl daran, dass wir immer sehr hoch gewonnen haben und unsere beiden Niederlagen beide seeehr knapp ausgefallen sind (jeweils 4,5-5,5). Aber, und das muss
man der Fairness halber wohl sagen, haben wir gegen keine der Favoritenmannschaften gespielt.
Für mich persönlich lief es endlich mal wieder richtig gut. Seit meinem guten Abschneiden bei der Mannschafseuropameisterschaft 2011 in Porto Carras habe ich nur wenig gute Turniere gespielt (eigentlich nur zwei: Griechische Liga 2012 sowie das Großmeisterinnenturnier in Erfurt zu Weihnachten 2012). Meine Elozahl ist dementsprechend ganz schön in den Keller gegangen. Und auch wenn ich mich eigentlich nicht über meine Wertzahl definiere, tut es doch ganz gut, mal wieder ein paar Punkte zu gewinnen. Bei mir waren es dieses Jahr 24,1. Ich muss aber dazu sagen, dass ich nur wenig gute Gegnerinnen gehabt habe: Nur Jolanta Zawadzka hatte eine höhere Zahl als ich. Egal, auf meine 7/7 bin ich trotzdem stolz! Stolz bin ich auch auf meinen Freund, der in der letzten Runde gegen GM Grzegorz Gajewski (2635) gewonnen und sich an Brett 1 sehr gut geschlagen hat.
Wie immer bei schönen Sachen ging die Zeit leider viel zu schnell vorbei. Dank meiner vielen neuen Sommersprossen, meiner sonnengebräunten Haut und vieler Erinnerungsfotos werde ich Patras 2013 aber nicht so schnell vergessen!