Seit meiner Nominierung in die Olympia-Mannschaft im April freue ich mich riesig auf die Olympiade, die dieses Jahr in Tromsø (Norwegen) stattfindet. Es wird nach Dresden (2008), Khanty-Mansiysk (2010) und Istanbul (2012) meine vierte Olympiade-Teilnahme sein. Und auch dieses Mal freue ich mich wie ein kleines Kind auf das Turnier, das jedes Mal ein Highlight meiner Schachlaufbahn darstellt.
Es gibt mehrere Gründe, warum die Schacholympiade für mich so wichtig ist. Zunächst ist es natürlich eine große Ehre, das eigene Land bei einem so wichtigen Turnier vertreten zu dürfen. Die Motivation ein gutes Turnier zu spielen und somit positiv zum Mannschaftsergebnis beizutragen, ist bei der Olympiade immer ganz besonders hoch. Mitfiebern, mitleiden, mitfreuen… die Emotionen sind definitiv intensiver als bei einem Einzelturnier.
Neben dem Turniergeschehen spielt aber auch das Drumherum eine große Rolle: Weltklassespieler hautnah erleben, Schachspieler aus aller Welt treffen, Freunde wiedersehen, neue Freundschaften schließen. Mit 172 Mannschaften im offenen Turnier und 135 Teams bei den Frauen wurden dieses Jahr neue Teilnahmerekorde erzielt. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl der Zusammengehörigkeit, das durch die Internationalität und den Multikulturalismus des Turniers ausgelöst wird.
Dieses Jahr werde ich nicht nur als Spielerin, sondern auch als Botschafterin zur Olympiade fahren. Im Frühjahr wurde ich überraschenderweise neben Schachgrößen wie Carlsen, Karpov, Kosteniuk und Polgar sowie norwegischen Celebrities zur Olympia-Botschafterin ernannt und durfte bereits im April nach Tromsø reisen. Während meines fünftägigen Aufenthalts durfte ich viele spannende Aktivitäten ausprobieren und mich mit Land und Leuten anfreunden (einen ausführlichen Bericht könnt ihr unter Unterwegs in Norwegen nachlesen). Alles in allem war ich also voller Vorfreude, als ich mich auf den Weg nach Tromsø machte. Doch diese Vorfreude wurde leider bereits vor meiner Ankunft im Hotel auf eine harte Probe gestellt.
Am 01.08. um 12.00 Uhr ging unser Flieger vom Frankfurter Flughafen. Aufgrund meiner weiten Anreise entschied ich mich dazu, bereits einen Tag früher zu Sarah nach Köln zu fahren, um Verspätungen und Zugausfällen bestmöglich vorzubeugen. Mit einem verspäteten ICE, einer drastisch verkürzten Umsteigezeit und dem Sprung in die falsche S-Bahn begann meine Reise bereits suboptimal. Erschöpft und müde bei Sarah angekommen, ahnte ich nicht, dass der nächste Tag noch schlimmer werden sollte.
Mit Hou Yifan auf dem Frankfurter Flughafen
Bereits in Frankfurt verspätete sich unser Abflug um 40 Minuten. Das hatte zur Folge, dass wir unseren Anschlussflug in Oslo nicht bekamen und auf eine spätere Maschine umgebucht werden mussten. Endlich in Tromsø gelandet, musste die Hälfte der deutschen Delegation ohne Koffer ins Hotel fahren. Auch mein Koffer hat es leider nicht bis nach Tromsø geschafft. Ich hoffe inständig, dass er morgen nachgeliefert wird, denn ohne Ladegerät wird es mit der Vorbereitung schwer werden. Und auch wenn viele Berufsspieler auf diese Taktik zu vertrauen scheinen, möchte ich nicht alle Partien in den gleichen Klamotten spielen.
Durch die verspätete Anreise und das vergebliche Warten auf die Koffer verpassten wir nicht nur das Abendessen, sondern auch die Eröffnungsfeier. Besonders Letzteres fand ich sehr schade, da die Opening Ceremony der Olympiade erfahrungsgemäß einiges zu bieten hat und einen schönen Einstieg in das Turnier bietet.
Ok, noch etwas Positives zum Schluss: das Hotel ist gut. Ich bin froh, dass ich mit Sarah auf einem Doppelzimmer bin (nicht nur, weil ich von ihrem eingetroffenen Koffer profitieren kann) und freue mich auf das Frühstück morgen :-). Vielleicht treffe ich ja Carlsen oder Kasparov am Frühstücksbuffet…