Eigentlich hatte ich mir meinen Geburtstag am 14.08.2016 etwas anders vorgestellt. Dass meine Frau Melanie leider nicht zugegen sein würde, war mir bekannt. Sie hat sich um ein Seminar (Mädchenschachpatent) in Dresden gekümmert.
Geplant war daher ein gemütliches Zusammensitzen mit Familie und Freunden in Wilhelmshaven. Konkret geplant war aber noch nichts und so schaffte es mein erster Trainer Karsten Bertram mich ans Schachbrett zu locken =)
Der Gütersloher Sparkassen-Cup ist ein sehr kurzes Turnier über 5 Runden und dieser Turniermodus hat ja auch was für sich. Zwar darf man sich kaum Fehler erlauben, um aufs Treppchen zu gelangen, aber auf der anderen Seite braucht man keinen Urlaub (in meinem Fall vom Studium).
Die Anreise nach Gütersloh verlief fast gänzlich unkompliziert. Bereits am Vortag war ich in Osnabrück, war am Freitag Morgen noch in der Uni und um 15:00 sollte es losgehen. Treffpunkt mit Karsten und drei jungen Talenten vom Hagener SV. Doch auch wenn der kleine Maik (8 Jahre alt) am Schachbrett schon mit den Großen mithalten kann, überkam ihn ein Anflug von kindlichem Sturkopf und kurz vorm Einsteigen ins Auto hatte er urplötzlich keine Lust mehr aufs Turnier. :D
Fast 45 Minuten versuchten sein Papa und Karsten die Quelle seines Unmuts zu finden, aber außer "Ich habe keine Lust" und ein paar Tränchen kam nichts aus ihm heraus. Kurzerhand musste die Mama per Telefon überzeugen, im Nachhinein habe ich erfahren, dass er wohl mit einem Videospiel belohnt werden sollte =)
Da wir aber genügend Zeit hatten, war auch dieses für mich etwas merkwürdige Dilemma (ich trainiere zwar ab und zu Jugendliche, habe aber mit Kindern sehr wenig zu tun) kein Problem.
In Gütersloh angekommen wurde ich direkt wieder überrascht. Da habe ich erst vor kurzer Zeit eine Trainingssession mit dem Jungtalent Ruben Köllner abgehalten und nun wurden wir in der ersten Runde gegeneinander gelost.
Gleich zu Beginn wurde es unkonventionell und Ruben hat lange Zeit eine gute Angriffspartie gespielt. Im Endspiel fehlte ihm dann die Erfahrung und so konnte ich mit einem Sieg in das Turnier starten.
Runde 2 und erneut: Lubbe gegen Köllner, dieses mal mit vertauschten Farben. Nachdem ich Ruben besiegen konnte musste ich mich beim Gütersloher Familien-Duell dann gleich noch dem Vater stellen. Die Partie verlief sehr ruhig und ich hatte schnellen Ausgleich. Doch mehr schien zunächst nicht für mich drin zu sein. Ich habe mir Fortschrittsziele gesetzt, um diese wirklich sehr langweilig anmutende Stellung zu gewinnen und wurde für den Eifer belohnt.
In Runde 3 traf ich dann auf einen Uwe Kersten in Bestform. Ich war leider mangelhaft vorbereitet, hatte wenig von den Plänen der Eröffnung verstanden, kam zudem früh in Zeitnot und irgendwie sollte es einfach nicht sein. Dank ein wenig Schützenhilfe meinerseits und einer Glanzleistung seinerseits hat Uwe mich schlichtweg vom Brett gefegt =(
Ich bin zwar kein fieser Verlierer und bin dann auch nicht unfreundlich. Ich ärgere mich aber über jede Niederlage über alle Maßen..
AAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAARRRRRGHHH! Wieso versaue ich mir meinen Geburtstag mit einem Turnier? AAAAAAAAAARRRRGHHH =(
Ein wenig Trost konnte ich in den hervorragenden Turnieren von Karsten und den Kids finden, später dann noch ein bisschen Ablenkung mit einem Film, Pizza und Bier. Als Melli mich dann um 00:00 anrief und mir ein Geburststagsständchen trellerte ging es mir dann auch wieder halbwegs gut.
Am Sonntag konnte ich durch zwei wirklich gute Partien meine Laune nochmal deutlich nach oben korrigieren und beschenkte mich quasi mit 2 Elo-Pünktchen und einem geteilten 4. Platz selbst =)
Am Vormittag spielte ich gegen FM Reiner Heimrath und wie es das Glück mit mir wollte, hatte ich die Eröffnung auf Zuschrift eines Lesers erst vor ein paar Tagen analysiert. Es wurde eine durchaus gelungene Partie zum Thema Königs- gegen Flügelangriff und mit guter Stimmung gabs zu Mittag was vom turniereigenen Grill bei Sonne =) Der Vormittag war also eine stimmige Geschichte!
Nachmittags ging es dann gegen Dominik Plaßmann, der mich mit seiner Eröffnungswahl im Rossolimo-Sizi überrascht hat (laut Datenbank spielt er sonst anders).
Aber auch hier konnte ich erst kürzlich verfestigtes Wissen anwenden: Im Rahmen eines Seminars der Schachhochschule Braunschweig (hier der Bericht) habe ich mich intensiv mit dem Spiel gegen das Läuferpaar beschäftigt und gemeinsam mit den Schülern einen Leitfaden erarbeitet. Daran habe ich mich so gut es ging gehalten (siehe Partie) und wurde nach ein paar taktischen Verwicklungen mit einem ganzen Punkt belohnt.
Am Ende hat es dann sogar noch für den geteilten 4. Platz gereicht, was in Anbetracht meiner Niederlage in Runde 3 durchaus gut war.
Am Abend wurde ich dann sogar noch herzlich von Melli zu Hause begrüßt und alles in allem war es ein sehr schachlastiger, aber schöner Tag!
In Gesamtbetrachtung war der Gütersloher Sparkassen-Cup ein sehr gut organisiertes und stimmungsvolles Turnier. Will man aber auf dem Treppchen landen, so darf man sich bei einem Turnier mit nur 5 Runden keine großen Patzer erlauben. Okay, diese Erkenntnis war nicht wirklich neu für mich und euch wird sie auch nicht schocken. Ist halt top oder flop ;)
Besonders gefreut habe ich mich über den Turniersieg von Karsten im B-Turnier, weil er sonst mehr seiner Trainertätigkeit als dem Spielen nachgeht. Auch der kleine Maik hatte übrigens ein super Turnier und hat überragend mit 6,5/7 das Kinderturnier gewonnen, sodass er neben einem Videospiel, jeder Menge Spaß vor Ort, einem dicken DWZ-Plus sogar noch einen Pokal bekommen hat.
Wenn es zeitlich passt, dann werde ich bestimmt gerne wieder mitspielen. Denn an meiner ursprünglichen Meinung hat sich nichts geändert: 5 Runden Turniere sind der "perfekte Schachturnier-Snack", wenn man mal nicht so viel Zeit erübrigen möchte ;)
Nikolas
PS: Wie gehabt, lasst gerne einen Kommentar da.
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Alexander (Mittwoch, 17 August 2016 22:15)
Hey Niko, Daumen hoch für den Artikel - wie immer sehr interessant zu lesen!
Viele Grüße aus Frankfurt