Die achte Runde kostete mich ganz schön viele Nerven. Ich hatte von Anfang an keine einfache Partie und musste stets versuchen meine Stellung zusammenzuhalten. Gegen Ende der ersten Zeitnotphase konnte ich dann schließlich einen Vorteil erspielen und im 40. Zug bot sich dann die Gelegenheit zu einem Figurenopfer, dessen weitreichende Folgen eigentlich etwas mehr Bedenkzeit erforderten. Im Nachhinein kann ich jedoch nicht ganz ohne Stolz sagen, dass ich eigentlich alles bis zum Schluss berechnet hab und das Opfer durchaus gerechtfertigt war. Ich glaube die Zuschauer hatten ihren Spaß an diesem spannenden Finale und da ich mal wieder bis ganz zum Schluss gespielt habe, hatten sich auch einige Schaulustige versammelt. Euch möchte ich die hübsche Kombination natürlich auch nicht vorenthalten. Hier die kritische Stellung:
Ohme,Melanie (2362) - Sieglen,Joachim (2302) [C15]
Boeblingen (8), 30.12.2011 [MO]
Txe6 [42...Sd2+ verliert sofort 43.Ka2 Sxf3 44.Da7 Txe6 45.Df7+ Kh8 46.fxe6 Sg5 47.e7!+-] 43.fxe6 Sd2+ 44.Ka2 Sxf3 45.Dd6! [45.e7? De6=] 45...Sg5
46.e7 Se6 47.Kb1 Kh8 48.De5 d4 [48...Dg8 wär deutlich besser als die Partievortsetzung gewesen. 49.Df5 Sc7 50.Dd7 Se8 51.Dxc6 und Weiß kann noch immer auf Vorteil hoffen, verfügt aber
über keinen klaren Gewinnweg.] 49.cxd4 [Noch besser wäre einfach 49.Df5 gewesen. Die Drohung Df7 ist nun nicht mehr zu verhindern.] 49...Sc7 50.Df4 [50.Dxc7
scheitert an 50...Df5+ 51.Ka2 Dd5+ 52.Ka1 Dh1+=] 50...De6 51.Df8+ Dg8 52.Kc2 Se8 53.Dxg8+ Es ist eigentlich faszinierend, dass selbst das Endspiel nach dem Damentausch noch
gewonnen ist. Schwarz kann sich einfach nich bewegen und den weißen König nicht beim Eindringen in die schwarze Stellung hindern. [53.Kd3 wär auch möglich gewesen.] 53...Kxg8 54.b3 axb3+
55.Kxb3 Sc7 56.Kc2 Se8 57.Kd3 Sc7 58.Ke4 Se8 59.Ke5
Hier gab mein Gegner auf. Ich hatte zwar nur noch wenige Minuten auf der Uhr, der Gewinnweg ist hier jedoch nicht mehr schwer. 1-0
In der letzten Runde wurde es noch einmal richtig spannend. Nicht nur der Titel war hart umkämpft, auch die Vergabe der weiteren Preisgelder war keinesfalls klar. An den vorderen Tischen gab es nur ein Kurzremis - und dieses ausgerechnet am ersten Brett. Rainer wollte anscheinend nicht um jeden Preis Erster werden und einigte sich mit seinem Gegner Leonid Milov schnell auf Unentschieden. So erhielt der hartnäckige Verfolger Burmakin die Chance, sich mit einem Sieg gegen Frank Bracker den Turniersieg zu sichern.
Neben mir konnte ich beobachten, wie mein Freund quasi kampflos gewann. Den Anfangszug 1.f4 „konterte“ Niko mit 1…Sh6, worauf sein Gegner erst mal in tiefes Nachdenken verfiel. Nach 10 Zügen hatte er dann nur noch 40 Minuten und die Zeit wurde immer weniger. Als der Italiener dann mit 4 Minuten für 20 Züge noch mal 2 Minuten über seinen nächsten Zug nachdachte, war mir klar, dass diese Partie schnell zu Ende sein würde. Und so war es dann auch. Mit 6,5 Punkten konnte Niko das Turnier noch sehr erfolgreich abschließen und sich den 6. Platz und 350 Euro Preisgeld sichern.
Tja, bei mir dauerte es leider wieder mal etwas länger, bis ich mich über meine Platzierung freuen konnte. Ich kämpfte abermals volle fünf Stunden, ehe ich in eine Zugwiederholung einwilligte und mich mit einem Remis gegen eine 2200 zufrieden gab. Dabei hätte es auch durchaus schlimmer kommen können. Das Läuferpaar meines Gegners war nicht zu unterschätzen und ich konnte froh sein, dass er nicht allzu motiviert zu sein schien und keine weiteren Gewinnversuche unternahm. Am Ende reichte es für Platz 9 - an sich ein zufriedenstellendes Ergebnis. Ich konnte sogar 2 Elopunkte gewinnen und mich der 2400 etwas mehr annähern. Jedenfalls bin ich hochmotiviert in meinen Semesterferien mein Repertoire etwas auszubessern.