Das war sie, die Deutsche Einzelmeisterschaft 2012 in Osterburg. Insgesamt ein spannendes Turnier mit vielen interessanten Partien und Überraschungen. Da es für mich schachlich jedoch nicht so gut lief, stellten für mich nicht die Partien, sondern die gestrige Abschlussveranstaltung den Höhepunkt der Veranstaltung dar. In gemütlicher Atmosphäre kamen zunächst einige der Ehrengäste zu Wort, von denen mir besonders die Rede des Ministers für Inneres und Sport im Gedächtnis geblieben ist. Er erläuterte lebhaft seine Gründe für die Bevorzugung von Schach gegenüber Skat („Jeder hat die gleichen Voraussetzungen. Es kommt nicht darauf an, welche Karten man zu Beginn hat.“) und betonte die positiven Auswirkungen der beim Schachspielen erworbenen Kompetenzen auf den Berufsalltag. Im Laufe des Abends erfuhren die Teilnehmer zudem noch einige interessante Dinge über Osterburg. Zum Beispiel waren die meisten Anwesenden überrascht zu hören, dass einer der stärksten Schachspieler des 19. Jahrhunderts aus Osterburg stammt und den Schachsport in Sachsen-Anhalt grundlegend geprägt hat. Bei der Preisverleihung wurden zunächst die schönsten Partien geehrt. Es gab ein paar Doppelsieger, insgesamt waren diese Preise jedoch recht gut unter den Teilnehmern verteilt. Ich finde es jedoch ein bisschen schade, dass teilweise spannende aber qualitativ nicht sehr hochwertige Partien das Rennen gemacht haben. Dabei können doch auch strategische Manöver sehr schön und ästhetisch überzeugend sein. Aber insgesamt finde ich die Aktion trotzdem hervorragend und hoffe, dass sie in den nächsten Jahren fortgesetzt wird. Die meisten Stimmen insgesamt erhielt Hauke Reddmann, der zur Siegerehrung in Jogginganzug und Badelatschen erschien. Leider scheint es eine Angewohnheit vieler Schachspieler zu sein, sich nicht anstandsgemäß zu kleiden. Man muss ja nicht gerade im Anzug erscheinen, aber gewissen Respekt kann man der Veranstaltung und den Siegern ja schon entgegen bringen. Zur besten Partie des Turniers wurde die Partie Wagner-Feuerstack geehrt. Und auch ich ging nicht ganz leer aus. Ich weiß zwar nicht genau warum, aber neben den Organisatoren erhielt auch ich ein aus verschieden Wurstsorten zusammengestelltes Paket, das schon durch seinen Geruch für Aufsehen sorgte. Eine echt nette Geste, für die ich mich recht herzlich bedanken möchte. Während ich diese Zeilen schreibe sitze ich gerade im Zug, der bereits nach wenigen Minuten den Geruch einer Metzgerei angenommen hat. Ich hoffe, dass ich nicht bald wegen Geruchsbelästigung aussteigen muss oder so. :-) Zudem erhielt jeder Teilnehmer eine Urkunde und einen kleinen Pokal mit der Aufschrift „erfolgreich teilgenommen“. Ich habe schon überlegt, ob ich das Wort „erfolgreich“ einfach mit einem schwarzen Streifen überklebe…
Deutscher Meister wurde Daniel Fridman, der seine Endspielkünste gegen Julian Jorczik eindrucksvoll unter Beweis stellen und somit den ganzen Punkt erringen konnte. Platz zwei ging damit an den Sieger des letzten Jahres Igor Khenkin. Als eine große Überraschung kann man den Gewinner der Bronzemedaille bezeichnen. Der 17-jährige Jens Kotainy hätte wohl selbst kaum mit dieser Platzierung gerechnet, konnte aber von den Ergebnissen der Bretter drei und vier profitieren und so einen Platz auf dem Treppchen ergattern. Auch wenn ein bisschen Glück im Spiel war: Eine tolle Leistung, die auch mit einer IM-Norm belohnt wurde. Weitere IM-Normen gingen an Michael Becker, Evgeny Degtiarev, Dennis Wagner, Alexander Donchenko und Matthias Blübaum (ich hoffe ich hab keinen vergessen), die ebenfalls alle vordere Platzierungen erreichten. Die Pechvögel des Turniers waren wohl Niclas Huschenbeth und Rasmus Svane. Niclas holte aus den letzten drei Runden nur einen halben Punkt, wobei die unglückliche Niederlage der letzten Runde gegen Dennis Wagner besonders schmerzhaft gewesen sein muss. Rasmus Svane verfehlte seine IM-Norm nur um 2 Performance-Punkte und schrammte zudem nur knapp an den Preisgeldern vorbei. Über diese kann man sich wirklich nicht beschweren: Ich habe noch nicht viele Turniere mitgespielt, wo es sich so lohnt gut zu spielen (und ich habe auch noch nicht so viele mitgespielt, wo ich so gänzlich dran gescheitert bin). Beim abschließenden (und echt leckeren) Abendbuffet versuchten Nikolas, Rainer und ich auszudiskutieren, wer von uns das schlechteste Turnier gespielt hatte. Keine einfache Entscheidung aber ich denke wenn es einen Preis Rating – Performance gegeben hätte, wären wir alle drei vorne mit dabei gewesen. Trotzdem bin ich mit meinem Abschneiden nicht total unzufrieden. Natürlich ist die Platzierung alles andere als gut und auch über den Verlust der Elopunkte bin ich nicht gerade glücklich. Aber bis auf die Partie der dritten Runde gegen Hauke Reddmann habe ich meiner Meinung nach kein total schlechtes Schach gespielt. Ich muss auf jeden Fall an meiner Zeiteinteilung arbeiten und manchmal etwas offensiver spielen. Aber ich denke, dass das machbar ist und ich meine Träume von 2400 noch nicht begraben muss. In diesem Sinne freue ich mich auf mein nächstes Turnier und natürlich ganz besonders auf die Olympiade im August.
Trotz meines Abschneidens werde ich die DEM 2012 in guter Erinnerung behalten. Die Meisterschaft war sehr gut organisiert und die Freizeitmöglichkeiten spitzenmäßig. Die Unterbringung war zwar sehr schlicht aber ausreichend und auch mit dem Essen konnte ich mich gut anfreunden. Von Osterburg habe ich leider nicht viel sehen können. Nach wie vor finde ich es schade, dass so wichtige Veranstaltungen in eher abgelegenen Orten stattfinden und demnach noch weniger Aufmerksamkeit der „Normalbevölkerung“ erhalten. Aber so kam es, dass ich heute auf dem Wolfsburger Bahnhof Felix Magath begegnet bin… eine Gelegenheit, die man auch nicht alle Tage hat. :-)
Also bis zum nächsten Mal,
eure Melanie