Heute hätte ich gerne mal wieder von einem Sieg berichtet. Ich war auch ganz knapp davor, am Ende hat es dann aber doch nur für ein Unentschieden gereicht. Schade. Dabei sah nach der Eröffnung alles so gut aus. Ich hatte ganz eindeutig die Initiative und konnte getrost einen Bauern opfern. Leider spielte ich dann nicht korrekt weiter, sodass es noch einmal spannend wurde. In unklarer Stellung opferte ich erneut einen Bauern, um der Zugwiederholung zu entgehen. Ich konnte sogleich unangenehme Drohungen aufstellen und eine leicht bessere Stellung erreichen. Als mein Gegner Karsten Schulz dann endlich einen Fehler machte, nutzte ich diesen nicht aus und musste wenig später in ein ausgeglichenes Endspiel abwickeln. Schade um den halben Punkt, aber immerhin eine ausgekämpfte und interessante Partie.
Noch mehr geärgert hat sich wahrscheinlich Rainer Buhmann, der sich heute gegen Niclas Huschenbeth geschlagen geben musste. Schon nach wenigen Zügen konnte er mit Schwarz eine leicht bessere Stellung erreichen, spielte aber später ungenau und musste schließlich eine Figur geben. Nach der sechsten Runde führen also Igor Khenkin und Niclas Huschenbeth mit jeweils fünf Punkten das Turnier an. Da sie morgen aufeinander treffen, haben ihre hartnäckigen Verfolger Daniel Fridman, Sebastian Siebrecht und Jens Kotainy jedoch gute Aufholchancen.
Gestern wurden übrigens hier vor Ort Dopingkontrollen durchgeführt. Ich blieb zum Glück von der unangenehmen Prozedur verschont, aber Daniel Fridman, Sebastian Siebrecht und Berthold Bartsch mussten sich ihrem Schicksal ergeben.
Noch ein paar Anmerkungen zu den gestrigen Kommentaren:
Ich bin leider alles andere als eine gute Verliererin und bin heilfroh, dass man das meinen Berichten und Analysen anscheinend nicht anmerkt. Meist bin ich nach einer schlechten Partie traurig oder wütend und auf jeden Fall schlecht gelaunt. Also am besten erst mal Abstand von mir nehmen, wenn ich gerade verloren habe. Früher war es so, dass sich eine unglückliche Niederlage oft sehr negativ auf meinen weiteren Turnierverlauf ausgewirkt hat. Es gab schon Turniere, wo ich dann noch einen halben Punkt aus sechs Runden geholt habe. Aber so schlimm ist es zum Glück inzwischen nicht mehr. Ich habe gelernt, meine Enttäuschung zu verkraften und mich wieder auf die nächste Partie konzentrieren zu können. Dass man sich über eine Verlustpartie ärgert ist normal und gehört auch irgendwo dazu, man muss es nur schaffen, dass die restlichen Partien nicht darunter leiden. Ein großer Fehler ist zum Beispiel, wenn man die nächste Runde krampfhaft auf Sieg spielt um das schlechte Ergebnis der Vorrunde wieder gut zu machen. Das ist natürlich einfacher gesagt als getan und ich habe mehrere Jahre gebraucht, um mir dieses Verhalten einigermaßen abzutrainieren. Aber letztendlich ist man doch erfolgreicher, wenn man jede Partie einzeln spielt und nicht an versäumte Chancen, ärgerliche Einsteller etc. aus anderen Partien denkt.
Wie ich mich auf einen Wettkampf vorbereite? Also vor einem Turnier versuche ich generell mein Eröffnungsrepertoire durchzugehen (jedoch meist ohne Erfolg) und mich körperlich fit zu halten (Joggen, Yoga, Zumba, Aerobic etc.). Vor einer konkreten Partie wird natürlich das Eröffnungsrepertoire des Gegners auseinandergenommen bzw. mein eigenes überarbeitet. Aber ich versuche auch während eines Turniers immer genug Abwechslung zu haben und nicht nur Schach zu machen.
Also es ist natürlich schon eine zeitliche und nervliche Belastung, jeden Tag Berichte zu schreiben. Und gerade nach einer langen und anstrengenden Partie kann man sich manchmal durchaus Schöneres vorstellen. Aber irgendwie macht es auch Spaß und die vielen Nachrichten und Kommentare der Leser motivieren mich jedes Mal wieder. Ich freue mich, dass ich interessierten Schachspielern ein paar Eindrücke vom Turnier geben kann und hoffe, dass ich über meine Berichte auch etwas von meiner Begeisterung für den Schachsport weitergeben kann.