Ja, das war sie: Meine erste Deutsche Schnellschach-Einzelmeisterschaft. Eigentlich ganz praktisch, dass so ein Turnier eben nicht zwei Wochen sondern nur zwei Tage dauert und man trotzdem elf
Partien spielen kann. Ob diese schachlich so hochwertig waren lässt sich allerdings mit Blick auf meine eigenen Leistungen eher bezweifeln. Aber dazu später mehr. Die diesjährige deutsche
Frauen-Schnellschach-Einzelmeisterschaft wurde von meinem neuen Frauenverein den Schachfreunden von 1891 Friedberg ausgerichtet und fand am 10. und 11. September in Echzell statt. Vom Echzeller
Bürgermeister Dieter Müller, der zu Beginn des Turniers ein paar Worte an die Schachspielerinnen richtete, erfuhren wir, dass es sich bei Echzell um eine kleine aber hübsche Gemeinde in Hessen
mit ca. 6000 Einwohnern handelt. Von der Attraktivität der Gemeinde konnte ich mich leider nicht überzeugen, da man während eines Turniers gewöhnlich nicht viel Zeit zum Rumschlendern hat. Der
Spielort, das Landgasthaus Solmser Hof, erwies sich jedoch als geeigneter Austragungsort (jedenfalls wenn man keinen großen Zuschauerandrang erwartet). Einzig die Zimmertemperatur erinnerte nach
den ersten Runden an eine russische Sauna. Das war aber bei den Außentemperaturen von 29 Grad auch kaum zu verhindern und die kostenlos bereit gestellten Getränke wirkten aufkommenden
Kopfschmerzen auch etwas entgegen.
Das Teilnehmerfeld war ungewöhnlich groß (24 Spielerinnen) und relativ stark besetzt. Ich war jedoch trotzdem mit einem Elovorsprung von ca. 200 Punkten an eins gesetzt. Da ich aber bekanntlich
nicht die geborene Schnellspielerin bin, versprach es ein spannendes Turnier zu werden. Gespielt wurde mit einer 30 minütigen Bedenkzeit nach den gängigen Schnellschachregeln.
Gleich in der ersten Runde wurde ich gegen meine ehemalige Mannschaftskollegin Birgit Petri (Elo 2049) gelost. Mit den weißen Steinen tat ich mich etwas schwer und konnte lange Zeit nicht viel
mehr als Ausgleich erreichen. Gegen Ende konnte ich dann endlich einen Vorteil rausholen und gewann schließlich auf Zeit.
In der zweiten Runde traf ich mit Schwarz auf die Berlinerin Stefanie Schulz (2075). Leider konnte ich meinen Eröffnungsvorteil nicht verwerten. Ein unglücklicher Zug brachte mich in ein leicht schlechteres Endspiel und mir blieb nichts anderes übrig als in eine Zugwiederholung einzuwilligen. Nicht gerade der beste Start aber bis dahin noch keine Katastrophe.
Die nächsten Runden waren dann wieder etwas erfolgreicher. In der dritten Runde konnte ich recht schnell gegen Nadezda Nestuley (2046) gewinnen, da ihr inkorrektes Opfer mir eine glatte Mehrfigur bescherte. Inzwischen zeichnete sich auch ab, wer bei der diesjährigen deutschen Schnellschachmeisterschaft um den Titel spielen würde. Ganz vorne dabei waren Sandra Ulms und Polina Zilberman, die beide noch keine Punkte abgegeben hatten. Sie trafen in der vierten Runde aufeinander.
Meine nächste Partie gegen Anita Stangl (2131) entwickelte sich wieder etwas spannender. Nachdem ich mir mit Schwarz einen leichten Stellungsvorteil und einen Mehrbauer erarbeitet hatte, übersah ich leider einen Figurengewinn für sie. So musste ich dann plötzlich mit zwei Bauern gegen die Figur weiterkämpfen. Zum Glück gelang es mir, diese beiden verbundenen Freibauern immer weiter nach vorne zu schieben und am Ende dann noch die Figur zurückzugewinnen… 0:1. Das Spitzenduell an Brett eins konnte Sandra für sich entscheiden. In einer heißen Mittelspielphase versuchte es Polina mit einem Turmopfer, das aber im Endeffekt nicht ausreichend war.
In der fünften Runde traf ich dann auf meine langjährige Vereinskollegin und Titelverteidigerin Sandra Ulms (2159). Als starke Blitzerin konnte sie schon mehrmals die Deutsche Frauen-Blitzmeisterschaft gewinnen und bisher hatte sie auch bei diesem Turnier einen überzeugenden Eindruck gemacht. Leider wurden mir wieder die schwarzen Steine zugelost. Die Eröffnung lief jedoch optimal. Ein doppeltes Bauernopfer meinerseits verschaffte mir erst einen riesen Zeitvorteil und später dann auch ein vielversprechendes Endspiel. Mit meinem Sieg konnte ich die Turnierführung wieder an mich reißen.
Leider änderte sich das wieder in der nächsten Runde, in der ich auf Polina Zilberman (2136) traf. Bereits in der Eröffnung geriet ich in materiellen Rückstand und meine Stellung verschlechterte sich kontinuierlich. Den einzigen Lichtblick stellte mein Zeitvorsprung (16 Minuten zu zwei Minuten) dar. Mit einem einzügigen Einsteller machte ich aber auch diese Hoffnung zunichte und rückte somit auch ein ganzes Stück vom Turniersieg weg. Nach sechs Runden führte also Sandra Ulms mit 5 Punkten das Teilnehmerfeld vor Polina Zilberman und Helene Nuber und mir an.
Damit endete der schachliche Teil des Samstags und auf die Spielerinnen wartete ein vielfältiges Abendbuffet und ein gemütliches Beisammensein.
Der nächste Tag begann so schlecht, wie der Vortag aufgehört hatte. Mit viel Glück konnte ich mit Schwarz gegen Caroline Rieseler (2071) ein Remis erzielen. Nach der Eröffnung stand ich sehr passiv und versuchte meine Stellung mittels eines doppelten Bauernopfers zu verbessern. Leider ging die Rechnung nicht auf und ich landete in einem sehr schlechten Endspiel. Mit Müh und Not rettete ich mich schließlich in ein ausgeglichenes Turmendspiel und wir einigten uns auf ein Unentschieden.
Polina und Sandra gewannen beide, sodass ich inzwischen mit einem ganzen Punkt Rückstand auf dem dritten Rang lag.
In der achten Runde gelang mir dann mal wieder ein schneller Sieg gegen meine Teamkollegin Steffi Janotta (2036). Auch sie ist vor kurzem zu den Schachfreunden von 1891 Friedberg gewechselt und wir werden in der nächsten Saison wohl öfter zusammen in einer Mannschaft spielen.
Mit der nächsten Runde kam mein persönlicher Tiefpunkt des Turniers. Mit den schwarzen Steinen musste ich gegen Diana Skibbe (2105) antreten. Die Turniersituation war gar nicht mehr so aussichtslos (ich hatte nur noch einen halben Punkt Rückstand auf Sandra und punktgleich mit Polina) und nachdem ich recht schnell einen Bauern gewinnen konnte, war ich erst mal recht guter Dinge. Wahrscheinlich habe ich jedoch die Kompensation meiner Gegnerin etwas unterschätzt. Jedenfalls sah ich plötzlich einen gewaltigen Angriff auf mich zu rollen, den ich nicht so recht zu stoppen vermochte. Diana spielte wirklich sehr stark und beendete die Partie mit einer hübschen Kombination.
Tja das war´s dann wohl mit dem Turniersieg (auf den ich bis dahin ja jedenfalls noch hoffen konnte). Stattdessen galt es in den letzten zwei Runden so gut wie möglich Schadensbegrenzung zu betreiben.
In der zehnten Runde traf ich auf Olga Lopatin (2091), die mich mit ihrem Königsangriff ganz schön unter Druck setzte. Es wurde eine sehr spannende Partie, die ich im Endspiel dann doch für mich entscheiden konnte. Sandra und Polina hatten ebenfalls ein paar Pünktchen gelassen, sodass die beiden vor der letzten Runde mit 7,5 Punkten das Feld anführten. Ich lag mit 7 Punkten knapp dahinter und konnte so doch noch mit um einen Medaillenplatz spielen. Ich hatte Glück, dass meine Gegnerin Helene Nuber (2060) in eine Eröffnungsfalle lief und ich deshalb keine großen Probleme hatte die Partie zu gewinnen. Sandra gewann ebenfalls und sicherte sich damit den verdienten Turniersieg. Herzlichen Glückwunsch! Polina remisierte. Das bedeutete, dass bei uns die Buchholz entscheiden musste. Die Tabelle zeigte schließlich, dass ich 3,5 Buchholzpunkte mehr hatte und so dann doch noch den zweiten Platz erringen konnte. Zum Schluss doch ein ganz versöhnliches Ergebnis, da ich zwischendrin nicht mal mehr mit dem dritten Platz gerechnet hätte und ich mit Blick auf meine vielen Einsteller auch einfach nichts Besseres verdient habe.
Die Siegerehrung wurde sehr knapp gehalten, da viele ihren Zug noch bekommen wollten. Für jede Teilnehmerin gab es ein kleines Andenken und die Erstplatzierten erhielten Pokale und Geldpreise im Wert von 300, 150 und 50 Euro. Für mein Verständnis einer Deutschen Meisterschaft nicht ganz angemessen aber schon mal ein Schritt in die richtige Richtung.
Auch wenn ich mit der Qualität meiner Partien nicht ganz zufrieden bin, werde ich die Deutsche Frauen-Schnellschach-Einzelmeisterschaft in guter Erinnerung behalten. Das Turnier war sehr gut organisiert und die Spielbedingungen optimal und vielleicht wird in dem kleinen Örtchen Echzell ja demnächst öfter mal ein Schachturnier stattfinden…