Tja, heute war zumindest für die deutschen Frauen kein guter Tag. Die 1,5-2,5 Niederlage gegen Armenien sitzt mir noch schwer im Nacken während ich diese Zeilen schreibe. Man muss aber
fairerweise sagen, dass die Niederlage durchaus verdient war und es auch hätte schlimmer ausgehen können. Einzig Lises Partie verlief weitestgehend normal. Bereits nach einer Stunde einigte sie
sich mit ihrer Gegnerin Elina Danielian (2507) auf Remis, da sie mit Weiß gegen die zähe Armenierin keinen Vorteil erzielen konnte. Für die anderen drei Bretter hieß das natürlich, dass wir uns
keine Niederlage leisten durften. Das war aber mit Blick auf die Stellungen nicht gerade einfach zu bewerkstelligen. Marta hatte sich ihren Läufer so einsperren lassen, dass dieser bis ans Ende
der Partie wohl keinen vernünftigen Beitrag mehr leisten konnte. Zwar standen die Figuren ihrer Gegnerin auch nicht optimal, ich war mir jedoch sicher, dass Weiß sich früher oder später entknoten
könnte und dann keine Probleme haben sollte die Partie zu gewinnen. Auch Sarahs Stellung war mehr als kritisch. Sie war mit Schwarz ihrer Gegnerin voll in die Vorbereitung gelaufen und konnte nur
schwer alle gegnerischen Drohungen abwehren. Es dauerte nicht lange, bis sie die Waffen strecken musste. Meine Position hätte auch besser sein können. Ich hatte in der Eröffnung mal wieder nicht
mehr weitergewusst und nicht die besten Züge gefunden. Zwar war meine Stellung durchaus noch spielbar, an einen Vorteil war jedoch weit und breit nicht zu denken. Während ich in Zeitnot versuchte
noch irgendwo Gewinnchancen herbeizuzaubern, einigten sich die Spielerinnen an Brett zwei auf Unentschieden. Anscheinend war die weiße Stellung doch nicht so einfach gewonnen, wie ich angenommen
hatte. Um einen Mannschaftspunkt zu retten, musste von mir also irgendwie ein ganzer Punkt kommen. Das war jedoch beim besten Willen nicht zu schaffen. Ich versuchte noch eine Weile mein Glück,
musste dann aber die Punkteteilung akzeptieren. Schade.
Für einen Lichtblick sorgten dafür unsere Männer. Das 2,5-1,5 gegen Ungarn war durchaus verdient und eine starke Leistung gegen ein Team mit einer Durchschnittselo von 2699. Ich kam gerade noch
rechtzeitig, um Jans Gewinnstellung zu bewundern … wie es dazu gekommen ist kann ich jedoch leider nicht sagen. Normalerweise erkundige ich mich immer beim Abendessen über den Verlauf des
Männerkampfes. Heute konnte ich allerdings niemanden entdecken, der mir hätte Auskunft geben können. Soweit ich richtig informiert bin, liefen heute die Live-Übertragungen jedoch mehr oder
weniger gut, sodass man auch in Deutschland die Partien zeitnah mitverfolgen konnte.
Die Tatsache, dass heute beim Abendessen zwei Bier (Preis 5,50 Euro) bestellt wurden, ist ein eindeutiger Indikator für die Stimmung im Frauenteam. Wir versuchen aber nach vorne zu schauen und
uns von der Niederlage nicht unterkriegen zu lassen. Heute Nacht findet im Hotel eine Spielerparty statt – eine gute Möglichkeit um wieder auf andere Gedanken zu kommen.
Schade ist übrigens, dass einige der Topspieler nicht an der diesjährigen Mannschafts-Europameisterschaft teilnehmen. So fehlen z.B. Kramnik und Carlsen, die beide im Moment ein sehr hohes
Turnierpensum haben. Dafür spielt aber Magnus´ kleine Schwester bei den Frauen mit. Sie startet für Norwegen an Brett drei und hat bisher den ersten halben Brettpunkt für die Mannschaft
geholt.
Gerade ist die Auslosung gekommen: Wir haben mit England einen schlagbaren Gegner bekommen. Unterschätzen sollte man aber natürlich keine Mannschaft. Unsere Männer spielen morgen an Brett drei
gegen die Ukraine. Nach drei Runden führen die Azerbaijaner bei den Männern und die Russinnen bei den Frauen souverän das Teilnehmerfeld an.