Der heutige Tag bescherte uns einen wichtigen und hart erkämpften Punkt gegen die Favoritenmannschaft aus Italien. Ich spielte mit Schwarz gegen Elena Sedina (2337), die ich gleich mit meinem ersten Zug (1….e5) aus der Vorbereitung bringen konnte. So erreichte ich ausnahmsweise mal eine angenehme Stellung aus der Eröffnung heraus und war eigentlich ganz guter Dinge. Allerdings musste ich bald feststellen, dass ich mich in den Stellungstypen doch nicht so gut auskenne und mir allmählich die Ideen ausgingen. Wenigstens hatte ich einen soliden Zeitvorsprung und meine Gegnerin schien mit ihrer Stellung auch nicht so glücklich zu sein. Jedenfalls bot sie mir im 30. Zug Remis an. Da ich mich wie gesagt nicht besonders wohl in meiner Stellung fühlte, hätte ich eigentlich ganz gerne angenommen. Aber nach einem Blick aufs Nachbarbrett entschied ich mich dann doch dagegen. Filiz hatte bereits nach vier Zügen eine halbe Stunde verbraucht gehabt und war mal wieder in schrecklicher Zeitnot. Hinzu kam noch, dass die meisten ihrer Figuren gerade angegriffen waren und ich mir nicht vorstellen konnte, wie sie die Stellung zusammenhalten sollte. Also wickelte ich in ein Dame-Springer-vs.-Dame-Läufer-Endspiel ab und hoffte auf einen Fehler meiner Gegnerin. Da wartete ich jedoch vergebens. Denn trotz ihrer knappen Zeit konnte sie meine Drohungen immer parieren und ich musste mich schließlich mit einem Remis zufrieden geben. Inzwischen sah es nebenan aber auch nicht mehr so hoffnungslos aus. Filiz hatte es irgendwie geschafft in ein Turmendspiel abzuwickeln. Dieses war zwar alles andere als einfach aber auch noch lange nicht verloren. Es galt also Daumen zu drücken und auf Filiz´ Endspielkünste zu vertrauen. Ich gab es bald auf neben dem Brett stehen zu bleiben. Meine Nerven waren dann doch nicht stark genug um jedes Mal ruhig mit anzusehen, wie Filiz ihre Zeit bis auf wenige Sekunden ablaufen ließ. Stattdessen nutzte ich die Zeit um mal bei unserem Männerteam zuzuschauen, das gegen die Schweiz spielte. An Brett 1 hatte es eine kleine Theorieschlacht gegeben. Niclas kannte die Variante zwar etwas länger als sein Gegner (über 30 Züge!), am Ende reichte es trotzdem nur für ein Unentschieden. Bei Andreas dagegen führte die Vorbereitung zu einer klar besseren Stellung und wenig später zum Sieg. Es spielten noch Michael und Matthias. Matthias hatte zwar das Gröbste überstanden, stand aber immer noch auf Verlust. Michael meinte nach seiner Partie, dass er nur deswegen gewonnen hatte, da er sonst nicht so ein großes Risiko eingegangen wäre. Aber danach fragt ja hinterher keiner mehr… Matthias konnte schließlich auch noch Remis halten, sodass Deutschland das Match 3:1 für sich entscheiden konnte.
Nach 5,5 Stunden bekam auch Filiz ihren halben Punkt. Sie hat das Endspiel wirklich gut gespielt und nur am Ende unnötig lang auf eine direkte Remisabwicklung verzichtet. Aber trotzdem eine super Leistung gegen so eine starke Gegnerin und wir können mit unserem 1:1 wirklich zufrieden sein.
Bei so einem guten Start ins Turnier kann man auch fast über das schlechte Wetter hier hinweg sehen. Denn wer Frankreich mit gutem Wetter und Sonnenschein assoziiert, der wäre hier angesichts der herniederstürzenden Regenmassen ganz schön enttäuscht… Dafür kann man sich aber über das Essen wirklich nicht beklagen. Auch wenn wir oft aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse erraten müssen, was auf der Speisekarte steht, ist eigentlich immer für jeden was dabei. Gestern gab es zum Beispiel kleine Aliens (Filiz´ Ausdruck für Miesmuscheln) mit Pommes…
Nach dem Abendessen perfektionieren wir meist noch unsere Hoppel-Poppel-Fertigkeiten oder nutzen das kostenlose Internet an der Rezeption (andere nutzen ihre freie Zeit auch um Berichte zu schreiben :-)).