Langsam neigt sich mein Aufenthalt hier dem Ende zu. Obwohl ich ja wirklich schon eine ganze Menge gesehen habe, kann ich von der Stadt einfach nicht genug bekommen. Es gibt definitiv viel zu viele schöne Plätze und sehenswerte Gebäude und ich habe ja dank des Sprachunterrichts meist nur wenige Stunden am Tag an Freizeit zur Verfügung.
Leider hat sich mein Kamera-Problem bisher noch nicht gelöst. Mein eigener Fotoapparat hat ja gleich am ersten Tag seinen Geist aufgegeben. Danach hat mir Anna liebenswerterweise ihre Kamera zur Verfügung gestellt. Nach wenigen Tagen war jedoch der Akku alle und bis jetzt haben wir kein Ladegerät organisieren können. Seitdem hänge ich mich immer an jemanden anderen, der für mich Bilder macht und leihe mir anschließend die Speicherkarte aus. Das klappt aber leider nicht immer, sodass ich z.B. die Bilder von heute später nachreichen muss.
Allerdings entgeht euch heute nicht besonders viel. Ich habe nämlich meinen gesamten Nachmittag im russischen Museum verbracht und die Stimmung dort kann man eh kaum anhand von Fotos wiedergeben. Man muss einfach selbst dort gewesen sein um den Zauber der über 300.000 Exponate aus den Bereichen Malerei, Bildhauerei, Graphik und Volkskunst auf sich wirken lassen zu können. Im Gegensatz zur Eremitage sind die ausgestellten Werke ausschließlich von russischen Künstlern und nach den verschiedenen Zeitepochen geordnet. Das verleiht der Ausstellung eine ganz andere und meiner Meinung nach sehr angenehme Atmosphäre, da man so nicht von der Vielfalt der Ausstellungsstücke überwältigt wird. Zudem sind die Räumlichkeiten sehr schlicht und nicht so prunkvoll verziert wie in der Eremitage. Das bewirkt, dass man nicht von der Umgebung abgelenkt wird und sich voll und ganz auf die wundervollen Gemälde konzentrieren kann.
Der Gang durch das Museum war für mich wie eine Zeitreise durch die russische Geschichte, denn meistens spiegelten die Bilder und Skulpturen sehr gut den damaligen Zeitgeist wider. Besonders faszinierend fand ich die Bilder von Repin. Es hat mich sehr berührt, wie einfühlsam und realistisch er das Leben einfacher Leute mit all ihren Problemen und Grausamkeiten auf die Leinwand projizieren konnte. Auch die Malerei des 20. Jahrhundert hatte eine große Wirkung auf mich. Vor allem die wenigen Gemälde aus den Zeiten des zweiten Weltkrieges ließen mich nicht wieder los.
Ich finde es sehr beeindruckend, wie gut man anhand eines einzelnen Bildes die Leiden, Probleme und Wünsche eines gesamten Volkes darstellen kann und wie sehr man Menschen wie mich, die zu einer ganz anderen Zeit leben, damit berühren kann.
Insgesamt verbrachte ich fast drei Stunden im russischen Museum. Ich wäre auch noch länger dort geblieben, wenn mich nicht eine ungeduldige Aufseherin an die Öffnungszeiten der Ausstellung erinnerte und somit zum Gehen gedrängt hätte. Und wieder einmal ärgere ich mich, dass die Zeit hier viel schneller zu vergehen scheint als üblich. :-)