In der vierten Runde des Magnus Carlsen Invitationals konnte Magnus seine Führung weiter behaupten und Anish seinen ersten Partiesieg einfahren. Außerdem wurde geboten: ein Themen-Match zum zentralen Freibauern, ein temporäres Damenopfer und eine spannende Angriffsstellung mit ungleichfarbigen Läufern.
Magnus Carlsen - Maxime Vachier-Lagrave
Die größte Aufregung in der ersten Partie brachte Magnus' Eröffnungswahl. Der Weltmeister eröffnete die Partie mit 1.e4 c5 2.Sf3 d6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 Sf6 und 5.Lc4, was alle Najdorf-Träume von MVL und auch der Zuschauer zerplatzen ließ. Der Läufer wurde später nach d3 gezogen und diente somit rückblickend betrachtet als Abwartezug, um Sc3 hinauszögern und stattdessen c4 spielen zun können.
Magnus kreative Eröffnungswahl wurde belohnt und er erhielt tatsächlich einen nennenswerten Vorteil und eine konkrete Gewinnchance im 29. Zug (Diagramm 2). Wenn Magnus mit 29.b7 fortgesetzt hätte, hätte er die Partie ggf. für sich entscheiden können.
Nach 29.Df3 tauschten sich die beiden Freibauern gegeneinander und die Partie endete schließlich im Remis.
Partie Nummer 2 verlief recht unspektakulär. Nachdem Magnus das Eröffnungsduell für sich entscheiden konnte, versuchte er in einem etwas besseren Turmendspiel noch ein paar Ideen, konnte aber keine Fortschritte erzielen.
Eine hübsche Taktik gabs in Runde 3 zu sehen. Mit 21.Dxc8 gewann Magnus zunächst die Qualität und wenig später dann auch die Partie.
Zum Schluß erteilten uns die beiden dann noch eine Turmendspiel-Lektion. MVL konnte das Endspiel mit zwei Minus-Bauern zwar recht selbstsicher verteidigen, das Remis half ihm allerdings im Match nicht weiter - er musste sich mit 1,5-2,5 geschlagen geben.
Alireza Firouzja - Fabiano Caruana
Manch einer hatte die erste Partie im Match Firouzja-Caruana bereits abgeschrieben, da wurde es erst so richtig spannend. Die ungleichfarbigen Läufer führten in Kombination mit Schwerfiguren und verlassenen Grundreihen zu einer explosiven Mischung. Hinzu kam noch Firouzjas Zeitnot, die es ihm erschwerte die richtigen Züge zu finden. Tatsächlich wäre die Stellung Remis gewesen - aber nur mit der richtigen Aneinanderreihung taktischer Motive.
In der ersten Diagrammstellung hätte 37.Lf6 kommen müssen. Dann hätte Schwarz mit 37...Th1 gefolgt von 38...Df1 und 39...Lf3 präzise verteidigen müssen.
Der Partiezug 37.Dc2 Lg6 38.Dc5 führte jedoch nach Df6 39.Lf6 Le4 zum Verlust.
In Partie 2 konnte Fabiano dann direkt noch mal nachlegen und einen Start-Ziel-Sieg einfahren. Damit schien das Match bereits entschieden, doch Firouzja sorgte in Runde 3 noch mal für eine Überraschung. Sein Weißsieg ließ ihn und die Zuschauer noch mal auf eine Armaggedon-Partie hoffen.
Diese war auch zum Greifen nahe, denn Firouzja stand in der vierten Partie mit einem Mehrbauern tatsächlich sehr vorteilhaft. Caruana wehrte sich aber mit Händen und Füßen und konnte letztendlich den Spieß doch noch mal umdrehen.
Am Ende also ein recht klarer 3-1 Sieg für Fabiano, der in der zweiten Matchhälfte aber noch mal ins Wanken geriet.
Hikaru Nakamura - Ian Nepomniachtchi
Die Begegnung Nakamura gegen Nepomniachtchi versprach schon durch den Spielstil der beiden Spieler viel Spannung.
Die erste Partie war dann aber eher einseitig, da Nepo sich zielstrebig in eine Verluststellung hineinblitzte. Nur an einer einzigen Stelle überlegte er mal länger als 30 Sekunden - und da war es schon lange zu spät.
Auch die zweite Partie wäre beinahe zu Gunsten von Nakamura ausgegangen. Nepo konnte im verlorenen Springerendspiel gerade noch mal entkommen.
Und auch in Partie 3 hatte Nakamura gute Chancen auf einen ganzen Punkt. 20.Sf5 hätte Schwarz zumindest vor große Probleme gestellt. Stattdessen kam 20.Tb8 und wenig später waren nur noch die Bauern und die Läufer auf dem Brett - Remis.
In Partie 4 drehte sich alles darum, ob Nepo die gegnerische Bauernschwäche im Endspiel ausnutzen kann. Dem war nicht so und die Partie endete ebenfalls im Unentschieden. Somit geht Nakamura als verdienter Sieger aus einem Match hervor, das auch noch deutlicher hätte ausfallen können.
Ding Liren - Anish Giri
Das Match Ding gegen Giri schien ein Thementurnier zum zentralen Freibauern im Mittelspiel zu sein. In allen Schnellschachpartien gab es einen Freibauern auf der d- oder e-Linie - mal mehr und mal weniger gefährlich.
In Partie 1 musste sich der d-Freibauer gegen den b-Bauern tauschten und es entstand eine sehr ausgeglichene Stellung, die wenig später im Remis endete.
In der zweiten Partie war lange unklar, ob es sich bei dem zentralen Freibauern um eine Stärke oder Schwäche handelt. Bevor das geklärt werden konnte, ging im weißen Lager eine Figur und anschließend dann auch der d-Bauern verloren. Ding ging 1:0 in Führung
In Partie konnte Giri aber direkt zurückschlagen und seinen ersten Sieg im Turnier einfahren - und zwar mit einem starken Freibauern im Zentrum.
Auch in der vierten Partie drehte sich alles um Giris d-Freibauern, der von Schwarz immer wieder attackiert wurde. Es entstand eine extrem komplizierte Stellung mit vielen taktischen Motiven und hängenden Figuren. Giris Figurenopfer wäre nicht aufgegangen, wenn Ding 36...Kf6! gespielt hätte. Nach 36....Td1+ nebst 38...f4? kommt Schwarz jedoch über ein Dauerschach nicht hinaus.
Es kam also zur Armaggedon-Partie, bei der sich Ding für eine Farbe entscheiden durfte. Er wählte die schwarzen Steine und wurde in seiner Wahl bestätigt.Mit Mehrbauern entschied er das Eröffnungsduell klar für sich und hatte anschließend keine Probleme das benötigte Remis zu erreichen.
Ergebnisse und Zwischenstand
Die Punkteausbeute in Runde 4 sieht demnach wie folgt aus: Magnus, Fabiano und Hikaru erkämpfen sich jeweils 3 Punkte, Ding erhält 2 und Anish 1 Punkt.
Hier der Zwischenstand nach 4 Runden:
Kommentierung und Zusammenfassungen
Live-Kommentierung Runde 4a
Mit GM Niclas Huschenbeth, IM Nikolas Lubbe und WGM Melanie Lubbe.
Live-Kommentierung Runde 4b
Mit IM Jonathan Carlstedt, IM Nikolas Lubbe und WGM Melanie Lubbe.
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