Wusstest du, dass die meisten Schachpartien durch eine taktische Kombination bzw. einen taktischen Einsteller beendet werden? Das bedeutet, dass eine fundierte taktische Ausbildung sehr wichtig ist, um im Schach erfolgreich zu sein. Dabei sollte man nicht nur die wichtigsten Taktikmotive kennen und anwenden, sondern diese vor allem auch miteinander kombinieren können.
Die Taktikmotive, die am häufigsten in der Praxis vorkommen, sind:
Hier findest du eine Beschreibung der einzelnen Motive mit Beispielen und Testaufgaben:
Los geht es mit dem Grundreihenmatt. Dabei wird der König auf der Grundreihe von einer Schwerfigur Matt gesetzt. Eine Bauernstruktur ohne Luftloch für den König ist anfällig für das Grundreihenmatt, was häufig auch mit einem Ablenkungsopfer oder der Vernichtung von Verteidigern kombiniert wird.
Ein wichtiges Indiz für taktisches Potential einer Stellung sind ungedeckte Figuren. Dadurch sind teilweise Doppelangriffe möglich, bei denen zwei gegnerische Figuren angegriffen und nicht gleichzeitig gedeckt werden können. Häufig ist eine der "angegriffenen" Figuren der König:
Weiß am Zug gewinnt.
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Aufgabe Doppelangriff
1.Sxd4 exd4 2.Lxf4 Txf4 3.Dd2+- mit Doppenangriff auf die beiden Türme |
Zum Doppelangriff gehört auch die Springergabel (oder kurz: Gabel), bei der ein Springer zwei (höherwertige) Figuren gleichzeitig angreift. Wenn mit der Gabel mehr als zwei Figuren bedroht werden, spricht man von einer Familiengabel.
Bei einer Fesselung wird eine Figur in ihrem Bewegungsradius eingeschränkt, da ihr Ziehen mit einem Materialverlust verbunden wäre (= unechte Fesselung) oder der König sonst im Schach stünde (= echte Fesselung). Eine solche Konstellation lässt sich häufig ausnutzen, indem man die gefesselte Figur angreift oder den Verteidiger abtauscht oder ablenkt.
Oder es kann eine vermeintlich gedeckte Figur geschlagen werden, da die deckende Figur selbst gefesselt ist - siehe folgendes Beispiel:
Weiß am Zug gewinnt.
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Aufgabe Fesselung
Weiß gewinnt am einfachsten, indem er mit 1.Dg5! eine Kreuzfesselung aufbaut. Der Lf6 ist nun doppelt gefesselt und außerdem angegriffen. Nach 1...Lxd4 2.Dxe7 hat Weiß entscheidenden Materialvorteil. |
Wenn der Gegner gezwungen wird, eine Figur von einem wichtigen Feld wegzuziehen oder eine Deckung aufzugeben, spricht man von Ablenkung.
Schwarz am Zug gewinnt.
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Aufgabe Ablenkung
1...Ld4+ lenkt die Dame von der Deckung des f1-Feldes ab. 2.Dxd4 Df1# |
Hier noch ein besonders schönes Beispiel mit doppelter Ablenkung. Zusätzlich spielt hier auch das Motiv Bauernumwandlung eine entscheidende Rolle.
In der Ausgangssstellung spielt Weiß 1.Dh8! um den schwarzen König von der Blockade des g-Bauern abzulenken. Nach 1...Kxh8 folgt 2.g7+ Kg8 und nun das zweite Ablenkungsopfer 3.Lh7!. Schwarz kann daraufhin nur auf h7 schlagen oder Kf7 spielen. Auf beide Züge folgt 4.g8 = D#
Bei der Hinlenkung wird eine gegnerische Figur auf ein für sie ungünstiges Feld gelockt. Dort kann sie dann entweder erobert oder Matt gesetzt werden.
Schwarz am Zug gewinnt.
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Aufgabe Hinlenkung
1...Txg2 lenkt den König nach g2 2.Kxg2 Dh2# |
Bei der Räumung zieht eine Figur aus dem Weg, um den Platz für eine andere Figur frei zu machen.
Schwarz am Zug gewinnt.
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Aufgabe Räumung
1...Td1+! 2.Txd1 (2.Sxd1 Dg2#) Dxf2 3.Kh1 Dxg2# |
Von Abzug spricht man, wenn eine Figur mit Tempo (Schach oder Figurenangriff) wegzieht und dadurch einer dahinter stehenden Figur den Angriff auf eine (meist ungedeckte) Figur oder ein wichtiges Feld ermöglicht. Wenn es sich dabei um ein Schach handelt, spricht man auch von Abzugsschach.
Wenn die Deckungslinie zwischen zwei Figuren oder Feldern unterbrochen wird, handelt sich um das Motiv der Unterbrechung.
Weiß am Zug gewinnt.
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Aufgabe Unterbrechung
Mit 1.g4 unterbricht Weiß die Deckung des c8-Feldes un greift gleichzeitig die Dame auf h3 an. 1...Dxf3 2.Tc8# |
Von Überlastung spricht man, wenn eine Verteidigungsfigur mehr als ein Feld oder eine Figur gleichzeitig schützen muss, damit aber überfordert ist. Häufig wird eine Überlastung durch eine Ablenkungstaktik ausgenutzt.
Weiß am Zug gewinnt.
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Aufgabe Überlastung
1...Txc3 gewinnt eine Figur, da die Dd2 mit der Deckung des SC3 und des Tf2 überlastet ist. |
Bei der Vernichtung der Verteidigung geht es darum, wichtige gegnerische Verteidigungsfiguren zu erkennen und diese abzulenken oder abzutauschen - ggf. auch unter Materialopfer.
Weiß am Zug gewinnt.
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Vernichtung der Verteidigung
Mit 1.Txe8! vernichtet Weiß den verteidigenden Springer. 1...Tfxe8 2.Dxg7# |
Wenn du die oben vorgestellten Taktikmotive verinnerlicht hast, bist du schon gut auf eine taktische Auseinandersetzung in deinen Turnierpartien vorbereitet. Am Brett besteht die größte Herausforderung dann darin, verschiedene Motive zu erkennen und in der richtigen Reihenfolge miteinander zu kombinieren. Hier ein paar Beispiele zur Verdeutlichung:
In Beispiel 1 kann Schwarz am Zug mit 1...Th1 (Hinlenkung) 2.Kxh1Sxg3 von der Fesselung des Tf3 profitieren und durch die Gabel die Dame auf h5 gewinnen.
Weiß am Zug würde mit 1.Dh7+ Kf8 2.Txf5 exf5 den wichtigen Verteidiger vernichten und dann mit 3. Dh8+ Ke7 4.Dxg7 mit einem Spieß die Dame auf b7 gewinnen.
In der Partiestellung aus der berühmten Begegnung Reti-Tartakower (1910) kann Weiß mit einer schönen Kombination verschiedener taktischer Motive gewinnen: 1.Dd8! (Hinlenkung) Kxd8 2.Lg5 (Abzugsschach, Doppelschach) Kc7 3.Ld8# oder nach 2...Ke8 3.Td8 (Grundreihenmatt).
Zum Schluss noch ein paar hilfreiche Tipps für dein Taktiktraining:
Schau dir gerne auch die Beiträge zu folgenden Themen an:
Welche weiteren Taktikmotive kennt ihr? Welche tauchen am häufigsten in euren Partien auf? Lasst gerne einen Kommentar da.
wrBEIRqX (Montag, 12 September 2022 16:07)
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wrBEIRqX (Montag, 12 September 2022 13:57)
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